Lärmaktionsplan

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Diethelm,

in der Vorlage V-68/2024 zu Tagesordnungspunkt 5 für die Sitzung des Planungsausschusses am 22.04.2024 sind die von Bürgern vorgeschlagenen Lärmschutzmaßnahmen aus unserer Sicht zum Teil falsch und unvollständig bewertet. Das führte dazu, dass wichtige Maßnahmen nicht in den Lärmaktionsplan aufgenommen wurden.

Anträge: Der Planungsausschuss beschließt zum Lärmaktionsplan:

  1. Die Maßnahme 2. Drängen auf Umsetzung und Planung der B64n wird gestrichen.
  2. Die Maßnahme Einrichten von Tempo 30 innerorts und/oder nachts wird aufgenommen.
  3. Die Maßnahme Aufstellen von stationären Geschwindigkeitskontrollen wird aufgenommen.
  4. Die Maßnahme Tempo 70 zwischen den Ortsteilen wird aufgenommen.

Begründung:

Die angestrebte Lärmminderung der Maßnahme kann nicht innerhalb der nächsten 5 Jahre eintreten, da auch bei positiven Beschlüssen für Planung und Bau mit einer Realisierungszeit von deutlich über 5 Jahren zu rechnen ist. Mit dem Bau der B64n würden an anderer Stelle wesentlich höhere Lärmbelastungen erzeugt als an der heutigen Strecke reduziert werden können.
Zitat Seite 20 aus Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen (>> PDF vom Umweltbundesamt <<):
„Allerdings müssen Verkehrsbeschränkungen als Mittel zur Lärmbekämpfung dort ausscheiden, wo sie die Verhältnisse nur um den Preis bessern können, dass an anderer Stelle unzumutbare Belastungen auftreten, die zu einer verschlechterten „Gesamtbilanz“ führen.

Die geforderte Lärmberechnung ist erfolgt! Das Ergebnis liegt uns im Entwurf des Lärmaktionsplanes vor. Die Grenzwerte nach Lärmschutz-Richtlinie StV werden mit 70dB(A) tagsüber und 60dB(A) nachts weit überschritten. Daher gibt es für die Straßenverkehrsbehörde keinen Ermessensspielraum. Trotzdem wird in der Vorlage zitiert:
„Im Rahmen der Ermessensausübung ist es wichtig, dass durch eine Maßnahme der Verkehrslärm um min 3 dB(A) reduziert wird, weil erst ab diesem Wert ist eine Lärmreduzierung für das menschliche Gehör überhaupt erst wahrnehmbar. Aus meiner Erfahrung kann ich Ihnen mitteilen, dass durch eine Reduzierung von 50 km/h auf 30 km/h i.d.R. keine Reduzierung von min. 3 dB(A) verursacht.“
In der Studie Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen (Link oben) ist auf Seite 13 zu lesen:
„Je nach Rahmenbedingungen ergeben diese Berechnungen für Tempo 30 und Tempo 50 Differenzen des Mittelungspegels von ca. 2 bis 3 dB(A). Dies liegt deutlich im wahrnehmbaren Bereich. Die – allerdings nur noch selten – publizierte Meinung, dass Pegeldifferenzen erst ab 3 dB(A) wahrnehmbar seien, ist bereits seit langem widerlegt. Eine Reduzierung um 3dB(A) entspricht einer Halbierung der Verkehrsmenge.“

Hinweis zum Gesundheitsschutz: Bei einer Reduzierung der Lärmbelästigung um 3dB(A) darf man dem Lärm doppelt so lange ausgesetzt sein. Nach Bau der B64n ist noch mit ca. 60% des heutigen Verkehrs auf der alten Straße zu rechnen. Das ist weniger als eine Halbierung!!

Erfahrungen aus Münster:
2019 wurde in Münster mit einem Lärmaktionsplan auf vielen Hauptverkehrsstraßen Tempo 30 eingeführt. Diese Maßnahmen wurden in 2020 ausführlich evaluiert.

Stadt Münster Vorlage V/0372/2020:
Fortführung von Tempo 30 Die Evaluation des Geschwindigkeitskonzeptes zeigt, dass die Einführung von Tempo 30 sowohl messtechnisch als auch theoretisch berechnet zu einer Lärmpegelminderung führt. Außerdem zeigt die Geschwindigkeitsreduzierung keinen negativen Effekt auf die Luftschadstoffbelastung durch Stickstoffdioxid (NO2), vielmehr konnte ein Minderungseffekt beobachtet werden.
Zu bedeutenden verkehrlichen Beeinträchtigungen, wie Verkehrsverlagerungen, Fahrzeitenverluste des MIV und des ÖPNV, trägt die Maßnahme der Geschwindigkeitsreduzierung nachweislich nicht bei. Da die festgestellten Auswirkungen auf die Anfahrtszeiten des Rettungswesens nur sehr gering ausfallen, bestehen aktuell keine Bedenken der Feuerwehr zu den bisher durchgeführten Maßnahmen. Die Verwaltung schlägt daher vor, die seit 1. Februar 2019 angeordneten Geschwindigkeitsreduzierungen auf den ausgewählten Abschnitten der Hauptverkehrsstraßen im Innenstadtbereich fortzuführen. (>> mehr kann man hier nachlesen <<)

Ähnliche Erfahrungen existieren in Berlin, wo die Maßnahme Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen schon wesentlich länger funktioniert und umfangreich untersucht wurde. (>> klick für mehr Infos <<)
An manchen Stellen war die Entlastung gering, weil schon vor der Einführung von Tempo 30 wegen des hohen Verkehrsaufkommens kaum schneller als 30km/h gefahren wurde. Wesentliche Unterschiede sind die Geräusche beim Beschleunigen und Abbremsen, die bei höheren Geschwindigkeiten deutlich höher ausfallen. Diese wurden von den Bürgern in Herzebrock-Clarholz auch mehrfach als besonders störend empfunden.
Hinweis: E-Autos sind bei geringen Geschwindigkeiten deutlich leiser! Bei zunehmender Zahl an E-Autos wird die Einführung von Tempo 30 noch höhere Lärmminderung bringen. Unsere Beobachtungen besonders in Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ergaben, dass in fast jeder Stadt eine Bundesstraße wegen Lärm auf Tempo 30km/h beschränkt ist.

Stationäre Geschwindigkeitskontrollen sorgen dafür, dass die Tempobeschränkungen besonders gut eingehalten werden und damit die Lärmminderung deutlich stärker ausfällt. Alle Studien belegen, dass eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30km/h die Verkehrssicherheit erheblich erhöht. Das gilt sicher auch bei uns besonders an den Kreuzungen und Ampeln, an denen es heute so gefährlich ist, dass Lotsen eingesetzt werden müssen. Da auf „Unfallhäufungsstellen“ zu warten, macht aus unserer Sicht keinen Sinn.

Tempo 70 zwischen den Ortsteilen wurde von den Bürgern mehrfach vorgeschlagen. Darauf wurde in der Vorlage nicht eingegangen. Eine erhebliche Belastung kommt nach Aussagen von Anwohnern auch von den Strecken zwischen den Ortschaften. Schon vor den Ortsausgangsschildern wird Vollgas gegeben und zwischen den Ortsteilen mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit weitergerast. Dieser Lärm ist an manchen Tagen im gesamten Ortskern zu hörnen. Das ließe sich mit einer Temporeduzierung z. B. auf 70km/h deutlich verringern.

Mit freundlichen Grüßen

Status:
Antrag am 24.04.2024 im Plaungsausschuss

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Status: am 24.04.2024 im Planungsausschuss

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