Brief an den Verkehrsminister

Wir haben einen Brief an Herrn Wissing verfasst, um ihn an die Einstellung aller noch nicht im Planfeststellungsverfahren befindlichen Straßen laut Koalitionsvertrag zu erinnern:

Sehr geehrter Herr Wissing,

 
ich möchte Ihre Aufmerksamkeit lenken auf das als „B64n“ bezeichnete Projekt (https://www.strassen.nrw.de/de/wir-bauen-fuer-sie/projekte/b51-b64-projekt-4zu1.html), das in Ihrer Verantwortung liegt, und für das noch kein Planfeststellungsbeschluss existiert. Wir fordern Sie hiermit auf, das Planfeststellungsverfahren einzustellen. Dies ist geboten, da ein Bau der B64n in gleich mehreren Punkten gegen den Koalitionsvertrag verstoßen würde, wie im Folgenden erläutert wird.
 
Seite 41, Abschnitt „Bodenschutz“:
Um den Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrszwecke auf das 30-ha-Ziel bis spätestens 2030 zu reduzieren, werden wir Anreize setzen, Fehlanreize vermeiden und durch wirksame Initiativen Versiegelung reduzieren.
 
Die B64n würde eine massive zusätzliche Bodenversiegelung verursachen.
 
Seite 48, Abschnitt „Infrastruktur“:
Bei den Bundesfernstraßen wollen wir einen stärkeren Fokus auf Erhalt und Sanierung legen […]
 
Der Fokus sollte daher auf entsprechende Maßnahmen bei der „alten“ B64 anstatt auf einen Neubau gerichtet werden. Bisher werden diesbezüglich die betroffenen Nutzer und Anwohner stets mit dem Hinweis auf die B64n vertröstet.
 
Wir streben einen neuen Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrswegen an. Dazu werden wir parallel zur laufenden Bedarfsplanüberprüfung einen Dialogprozess mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden starten mit dem Ziel einer Verständigung über die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplan.
 
Eine Reihe von Bürgerinitiativen ist gegen die B64n, mit „Festgefahren“ existiert sogar ein Podcast dagegen. Die betroffenen Gemeinden Beelen, Münster, Telgte und Warendorf haben Beschlüsse gegen die B64n gefasst. Auch in Herzebrock-Clarholz ist die B64n höchst umstritten und hat bei der letzten Kommunalwahl die Mehrheitsverhältnisse deutlich verändert. Die in letzter Konsequenz von Enteignung betroffenen Inhaber der nötigen Grundstücke werden sich gegen die B64n wehren. Ein gemäß Koalitionsvertrag angestrebter Konsens über den Bau der B64n ist daher völlig ausgeschlossen.
 
Seite 50, Abschnitt „Öffentlicher Verkehr und neue Mobilitätsangebote:
Ziel ist, die Fahrgastzahlen des öffentlichen Verkehrs deutlich zu steigern.

Wie auf unsere Nachfrage in einer Videokonferenz Dr. Hartmut Ziegler, der Gutachter des von DTV im Auftrag von Straßen NRW erstellten Verkehrsgutachtens (https://www.strassen.nrw.de/files/oe/b51_b64_4zu1/Herzebrock-Clarholz/Bericht_VU_B64_Herzebrock-Clarholz_201015_Teil%201.pdf), bestätigt hat, würde ein Bau der B64n den Ausbau des ÖPNV behindern bzw. in Konkurrenz dazu stehen.
 
Seite 55, Abschnitt „Klimaschutzgesetz“:
Wir werden Klimaschutz zu einer Querschnittsaufgabe machen, indem das jeweils
federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht (Klimacheck). Alle Sektoren werden einen Beitrag leisten müssen: Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft.
 
Auf dem Weg zur Klimaneutralität müssen alle Sektoren ihren Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten.
Der Bau der B64n würde hingegen eine Zunahme von Verkehren bewirken und den Ausbau des ÖPNV behindern.
 
Seite 162, Abschnitt „Subventionen“:
Wir wollen zusätzliche Haushaltspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen.
 
Die B64n ist überflüssig, da in der Vergangenheit der Verkehr trotz gegenteiliger Prognosen ab- statt zugenommen hat. Der Gutachter Dr. Hartmut Ziegler musste auf Nachfrage einräumen, dass der Verkehr bis 2030 möglicherweise bereits abnehmen könnte, seine Spitze aber jedenfalls für 2030 erwartet wird. Da mit einer Fertigstellung der B64n aber nicht vor 2030 zu rechnen ist (im Gegenteil, siehe oben zu den zu erwartenden Verzögerungen), wäre sie bei ihrer Fertigstellung bereits nicht mehr erforderlich.
 
Die B64n ist unwirksam, denn sie bewirkt selbst nach den optimistischen Prognosen eine bestenfalls geringe Entlastung der „alten“ B64, die in keinem Verhältnis zu den Kosten und Umweltbelastungen stehen. Allerdings ergibt sich insgesamt sogar eine prognostizierte Zunahme des (Individual-) Verkehrs. Durch die daraus folgende Steigerung von CO2– und auch Feinstaubemissionen, weiterhin durch die Versiegelung und Zerstörung von teils sogar geschützter Natur ist die B64n umwelt- und klimaschädlich. Entsprechende Ausgaben verstoßen daher gegen die gesetzten Ziele.
 
Wir fordern Sie daher auf, im Einklang mit dem Koalitionsvertrag das Projekt B64n mit sofortiger Wirkung einzustellen, um die Verschwendung weiterer Mittel für dessen Planung zu verhindern.
 
Ihrer Antwort sehen wir mit Interesse entgegen.
 
Mit freundlichen Grüßen

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