Haushaltsrede 2023

Ratssitzung 15.02.2023
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Diethelm,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

Haushalt 2023!

Wie schon im letzten Jahr absehbar steuern wir auf eine schwierige Haushaltslage zu. Das langfristig negative Ergebnis ist kein Ertrags- sondern ein Ausgabenproblem. Das liegt besonders an den geplanten
Bauvorhaben und den steigenden Personalkosten.

Wir könnten jetzt noch einmal die Zahlen wiederholen. Das ist unserer Meinung nach nicht interessant, da diese uns allen aufgrund der informativen Haushaltseinführung und der exzellenten Haushaltsberatung durch unseren Kämmerer Herrn Wette hinreichend bekannt sind.

Wie von uns gewohnt, setzen wir uns zielorientiert mit dem Haushalt auseinander. Vor einem Jahr haben wir an dieser Stelle den Wunsch geäußert, die strategischen Ziele zu aktualisieren und neu formuliert
zu verabschieden. Wir haben bisher die strategischen Ziele:

  1. Gesundes Wachstum unter Berücksichtigung des demografischen Wandels.
  2. Förderung und Unterstützung der Jugend-, Familien- und Seniorenarbeit
  3. Sicherung eines ortsnahen, qualitativ hochwertigen Bildungs- und bedarfsorientierten Kultur- und Freizeitangebotes
  4. Verantwortlicher Umgang mit den natürlichen Ressourcen.

Diese Ziele sind vor fast 15 Jahren gefasst worden und sind unserer Meinung nach aktualisierungsbedürftig. In diesen 15 Jahren hat sich gesellschaftspolitisch und weltpolitisch sehr viel getan. Die Klimakatastrophe, die Not der vielen Flüchtlinge, der Krieg in Europa, Niedergang von demokratischen Regierungsformen sind grausame Wirklichkeit geworden.

Jeder von uns hat Werte, die sich in unserem Handeln und in unserer politischen Arbeit widerspiegeln. Diese Werte müssen auch in den strategischen Zielen erkennbar sein. Strategische Ziele zeigen uns die Richtung, wohin es in Zukunft gehen soll und sind wegweisend für unsere politische Arbeit. Ohne gut formulierte und vereinbarte strategische Ziele und Produktziele befinden wir uns weiterhin auf einer „Geisterfahrt“. Operative Ziele sind aus den strategischen Zielen abgeleitet und direkt überprüfbar. Sie zeigen unser politisches Handeln auf. Diese operativen Produktziele fehlen außer an einer Stelle im Haushalt. Liegt es daran, dass wir politisch nicht zielorientiert arbeiten? Bei jedem kleinen Thema werden Grundsatzdiskussionen geführt. Das führt auch zu den vielfach beklagten Verzögerungen und zu nachträglichen Veränderungen von Entscheidungen.

Mit Wohlwollen haben wir zu Beginn des Jahres festgestellt, dass sich alle Fraktionen auf den Weg machen werden, die bestehenden strategischen Ziele mit Unterstützung der Verwaltung zu aktualisieren.Kommen wir nun weiterenn uns wichtigen Punkten / Themen des Haushalts 2023:

Integrationspolitik

Unsere Gemeinde wächst und wird bunter. Leider sind die Ursachen dafür die weltweiten Krisen. Immer mehr Menschen sind aufgrund von Kriegen, Unruhen, Armut und klimatischen Notlagen auf der Flucht. Sie finden auch in unserer Gemeinde eine neue Bleibe. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Menschen sich angenommen und integriert fühlen, hier bei Bedarf eine neue Heimat finden. Wir begrüßen die Errichtung einer Stelle für das Case Management im Rahmen des Kommunalen Integrationsmanagements und den gleichzeitigen Erhalt der Integrationsarbeit des Kreisfamilienzentrums. Arbeiten wir gemeinsam daran, dass Herzebrock-Clarholz für alle Bürgerinnen und Bürger eine lebens- und liebenswerte Gemeinde ist.

Herzebrock-Clarholz – eine lebens- und liebenswerte Gemeinde!
Viele Ehrenamtliche sorgen dafür, dass wir hier durch Aktionen und Feste gerne und gut leben. Andere wiederum sorgen für unsere Sicherheit. Vielen Dank dafür!

Unsere politische Aufgabe ist es, dieses anzuerkennen und bestmögliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Im Rahmen des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes wird und soll unsere Gemeinde für alle attraktiver werden. Doch bei allen schon durchgeführten und noch geplanten Maßnahmen müssen wir auch weiterhin den Ortsteil Clarholz im Blick haben. Auch dort sind attraktive Plätze für Kinder, Jugendliche und Familien wichtig. Und was wird aus dem Huckenbeck-Gebäude und den Grundstücken Huckenbeck und Liermann?

Klimaschutzkonzept, Mobilitätskonzept, Bauleitverfahren, …

Die Konzepte und Absichten sind gut formuliert und verabschiedet, werden aber nicht mit der nötigen Tiefe und Konsequenz verfolgt. Besonders beim Klimaschutzkonzept wird jetzt mehr Transparenz, Beratung und Pflege der Termine der einzelnen Maßnahmen in jedem Ausschusstermin gefordert. Auch die Maßnahmen aus dem Mobilitätskonzept müssen konsequenter verfolgt werden. Da sind noch viele Punkte offen. Wir sind noch weit von einer guten Situation für Radfahrer und Fußgänger entfernt. Die Liste der offenen Bauleitverfahren hat sich seit Jahren kaum verändert.

Unser Einfluss auf die Gestaltung des Ortes bleibt gering, weil wir immer noch nicht bereit sind, zum Beispiel die von unseren klugen Vorgängern im Rat aufgestellten Bebauungspläne zur Nachverdichtung Uthofstraße / Meerwiesenstraße in Herzebrock und Kirchstraße/Holzhof in Clarholz zu bearbeiten. So droht uns überall dieselbe Hilflosigkeit wie bei der Gestaltung der Gebäude auf dem Grundstück des ehemaligen Kolpinghauses. Da hätten wir Einfluss nehmen können.

Zum neuen Rathaus gab es gute Vorarbeit der Verwaltung, aber nur geringe Bereitschaft der Politik, sich auf neue Ideen einzulassen. Anstatt den Marktplatz Clarholz oder das Umfeld des Bahnhofes Herzebrock städtebaulich aufzuwerten, hat sich die Ratsmehrheit für das geringste Risiko das Bestandsgrundstück entschieden. Haben wir denn als Ratsleute nicht den Mut, auch schwierige und umstrittene Themen zu diskutieren und durchzusetzen? Ohne ausreichende inhaltliche Diskussion flogen die Standorte Marktplatz Clarholz und Bahnhof Herzebrock raus.
Aus den alten Gebäuden am Bahnhof entstehen jetzt offensichtlich einfache Wohnungen für Werkvertragsarbeiter und ich bezweifle, dass die maroden Häuser und das ganze Umfeld in den nächsten 30 Jahren besser aussehen werden als heute. Das sind städtebaulich vertane Chancen.

Einen Ratssaal oder Multifunktionssaal zur Nutzung durch Gruppen und Vereine hätten wir uns an anderer Stelle vorgestellt. Ebenso hätten wir die Chance, durch Sanierung klimaneutraler und deutlich preiswerter zu bauen, in die Überlegungen einfließen lassen. Auch das war mit diesem Rat nicht zu machen.
Die Arbeit in den Ausschüssen mit sehr kompetenten sachkundigen Bürgern sollten wir anders ernst nehmen. In einem gut durchgeführten Workshop mit Planungsausschuss und dem Ausschuss Verkehr, Sicherheit und Ordnung zur Gestaltung der Debusstraße wird einstimmig beschlossen, vor einer weiteren Entscheidung auch die Möglichkeiten, die eine Einbahnstraßenlösung bietet, auszuarbeiten. Der Rat streicht darauf das Thema Einbahnstraße ohne große Diskussion. Warum haben wir die gut besetzten Ausschüsse und die sachkundigen Bürger und ignorieren die Beschlüsse? Schon werden erhebliche Zweifel an der aktuellen Planung laut (Antrag der SPD) und man findet kaum noch Vorteile in der teuren Maßnahme. Das Verkehrschaos am Paul-Craemer-Platz wird uns so erhalten bleiben.

Der öffentliche Personennahverkehr muss aus unserer Sicht gestärkt werden. Wir wissen vom NWL, dass die Planungen für ein S-Bahnsystem Münsterland und OWL laufen und an der Realisierung einer deutlichen Beschleunigung der Züge und am Halbstundentakt auf unserer Strecke gearbeitet wird. Die Ausschreibungen für Züge, die mit zusätzlicher Batterie die nichtelektrifizierte Strecke von Münster bis Rheda fahren, laufen. Wir Grünen werden die Bahn bei einer Realisierung eines nötigen Ausweichgleises in Clarholz weiter unterstützen. Völlig unverständlich bleibt für uns, warum unser Antrag, die Bahn dabei zu unterstützen, im Mai 2021 im Planungsausschuss von den anderen Fraktionen deutlich abgelehnt wurde. Dieser Beschluss gilt immer noch.

Die personelle Ausstattung der Verwaltung hat sich etwas verbessert, wirkt aber noch nicht. Nachdem die Ergebnisse der Kapazitätsanalyse fürFachbereich 2 erst im Herbst zur Verfügung standen und keine Beratung darüber stattgefunden hatte, wurde die aus unserer Sicht wichtige Maßnahme für die anderen Fachbereiche vom Rat wieder zurückgenommen und auf einen späteren Termin vertagt. Zur Vorbereitung der Diskussionen um mögliche Sparmaßnahmen in den nächsten Jahren sollten wir die fehlende Kapazitätsanalyse auf jeden Fall bald durchführen.

Obwohl wir erhebliche Defizite im langfristigen Haushaltsplan sehen, die Ziele nicht ausreichend formuliert sind und keine aussagekräftige Kapazitätsplanung vorliegt, stimmen wir diesem Haushalt zu, um nichts aufzuhalten. Wir erwarten, dass das im nächsten Jahr anders aussieht.

Mit vielen spannenden Themen konnten wir uns im Rat leider nicht durchsetzen. Wir sind aber zu Wort gekommen. Oft wurde dann anders entschieden, als wir es gewünscht hätten. Das ist mühsam, gehört zur Demokratie und wir sind froh, dass sie bei uns einigermaßen funktioniert. Wir werden die Hoffnung nicht aufgeben und aktiv weiterarbeiten.

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“

Václav Havel

Wir bedanken uns für gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung, dem Rat, den Fraktionen und den Ausschüssen und freuen uns auf die aktive Gestaltung einer guten Zukunft für unser Herzebrock-
Clarholz.

Petra Lakebrink – Rudolf Herden

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

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