Haushaltsrede 2024

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

Haushalt 2024!
Wie in den letzten drei Jahren von uns kritisiert, ist das wieder ein Haushalt mit strategischen Zielen, die uns nichts sagen. Es sollen wie auf Seite 21 zu lesen, „die Produkte sowie die Ziele und die Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung beschrieben werden.“ Das fehlt leider immer noch in allen Fachbereichen.

Ohne Ziele laufen wir schon einmal los und entscheiden später in welche Richtung es gehen soll. Die Verwaltung hat den guten Vorschlag gemacht, in einem Workshop gemeinsam die strategischen Ziele zu überarbeiten. Das wurde aber von der Mehrheit hier mit unterschiedlichen Argumenten abgelehnt. Wir Grünen haben daraus den Schluss gezogen, dass das mit diesem Rat nicht möglich ist. Herr Wette schlug jetzt in der Vorbereitung vor, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UNO zu übernehmen und in den einzelnen Fachbereichen zu prüfen, wie diese Ziele konkret mit Produktzielen unterstützt werden können. Vielleicht gelingt uns das ja bis zum nächsten Haushaltsplan. Es gibt viele Kommunen, die genau das sehr anschaulich praktizieren.

Die Aussicht für die Haushaltslage der nächsten Jahre ist sehr kritisch. Das haben wir alle auch schon vor einem Jahr hier vorausgesehen. In den Vorgesprächen zu diesem Haushalt haben wir wieder festgestellt, dass sehr schwierig ist, zu wirklich zu sparen.
Die Personalkosten steigen auch deutlich wegen des hohen Personalzuwachses, den wir ja alle mitgetragen haben, ohne eine aussagekräftige Kapazitätsanalyse und Aufgabenanalyse für die Fachbereiche 1 und 3 vorliegen zu haben. Einem Vorschlag der Verwaltung hat die Mehrheit auch hier leider nicht zugestimmt. Da wir auf lange Sicht die Personalfrage zum Beispiel beim Ersatz von
ausscheidenden Mitarbeitenden oft diskutieren müssen, fehlt uns diese Analyse immer wieder. Vielleicht können wir einen neuen Anlauf wagen.

Die großen Investitionen

Rathaus
Wir hätten einen attraktiveren Standort bevorzugt, hätten nach der Entscheidung für den Standort eine Kernsanierung prüfen lassen und an dem Standort keinen Ratssaal gebaut. Diese Entscheidungen hat die Verwaltung jeweils gut vorbereitet, aber es ist demokratisch von der Mehrheit hier anders entschieden worden. Wir tragen den weiteren Bau mit Interimslösung jetzt mit und wollen ihn nicht aufhalten. Herzebrock-Clarholz braucht ein attraktives neues Rathaus, in dem sich die darin Arbeitenden und die Besucher wohl fühlen.

Debusstraße
Da hätten wir uns eine weitergehende Planung auch unter Betrachtung eines Einbahnstraßensystems gewünscht, um mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu finden. Auch da fanden wir keine Mehrheit und haben jetzt eine Planung, die niemanden begeistert. Trotzdem sollten wir jetzt weitermachen, da wir davon ausgehen,dass sonst in der Straße in den nächsten 10 Jahren nichts passiert. Eine Aufwertung der Straße ist sicher sinnvoll. Bei allen Investitionen müssen wir darauf drängen, dass sehr kostenorientiert vorgegangen wird. Es muss nicht unbedingt das Budget ausgeschöpft werden.

Wir freuen uns sehr, dass die Bebauungspläne Uthofstraße/Meerwiesenstraße und Kirchstraße/Holzhof zur gelingenden attraktiven Nachverdichtung nach über 12 Jahren jetzt in der Prioritätenliste der Planverfahren auftauchen. Nicht nur bei der Bahn dauert manches Vorhaben lange. Diese Bebauungspläne brauchen wir aus unserer Sicht dringend.
Zum Bebauungsplan 267 Postweg Mitte waren alle aufgefordert, bis Ende 2021 weitere Anforderungen und Anregungen einzureichen. Das haben wir ausführlich getan. Dazu hat das Planungsbüro im Januar 2022, also vor über zwei Jahren kurz Stellung genommen. Auf unsere Frage, ob wir zu den einzelnen Punkten Anträge stellen müssten, wurde in Aussicht gestellt, diese Themen in Workshops zu bearbeiten. Außer zur Energieversorgung und Entwässerung ist das bis jetzt nicht passiert.
Wir halten die Planverfahren nicht auf, wollen aber rechtzeitig beteiligt werden. Kritische Themen müssen frühzeitig beraten werden. Da es so schwierig ist, wirksame Einsparungen zu vereinbaren und die Investitionen sinnvoll sind, stimmen wir der jetzt vorgeschlagenen Erhöhung der Grundsteuer A und B und der Gewerbesteuer nach vielen Jahren zu.

Jetzt könnte gesagt werden: Natürlich können wir sparen: z.B. beim ISEK. Doch dann müssen wir uns auch fragen: Warum gibt es dieses Förderprogramm und was wollen wir damit erreichen? Ein Anlass für dieses Förderprogramm ist gewesen, dass auch die Städte und Kommunen in den westlichen Bundesländern finanzielle Unterstützung benötigen und auch bekommen, um ihre Stadt- und Ortskerne attraktiver und zeitgemäß zu gestalten. Inhalt des ISEKs für unsere Gemeinde ist u.a. die eben erwähnte Debusstraße und das Pastorat.
Diese Straße im Ortskern von Herzebrock ist nicht nur unattraktiv, sondern für die schwächeren Verkehrsteilnehmer extrem gefährlich. Der Gehweg ist nur einseitig, nicht durchgängig und für Fußgänger mit Rollator oder Kinderwagen zu schmal. Als Radfahrer und besonders für Kinder ist die Straße aufgrund der Parkplatzanordnung lebensgefährlich.
Wollen wir nicht unseren Kindern vorleben, dass wir auch mit dem Fahrrad zum Einkaufen fahren können. Was wäre, wie an diesem Beispiel, die Alternative? Wir lassen alles wie es ist, => das bedeutet keine bzw. weniger Schulden für unsere Kinder, dafür überlassen wir ihnen das Marode, den Schrott.

Beispiele dafür haben wir doch schon jetzt, z.B. die Bahn und hier in Herzebrock-Clarholz das Rathaus. Das Pastorat ist ebenfalls Teil des ISEKs. Wir haben dieses Gebäude gekauft, um daraus ein Ort der Kultur, der Bildung und der Begegnung zu schaffen. In diesem Gebäude soll ein Museum mit unserer heimatlichen Geschichte entstehen. Daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten.

Für unsere Sicherheit benötigen wir ein neues Feuerwehrgerätehaus mit integrierter Rettungswache. Auch diese Ausgaben sind sinnvoll angelegt. Das Deutschlandticket für nicht anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schüler der VZG ist ein richtungsweisender Weg für eine angestrebte Verkehrswende. Doch eine generelle Umsetzung belasten unseren Haushalt enorm, so dass ein Kompromiss ein kleiner Schritt in Richtung Verkehrswende sein kann.

Im letzten Ausschuss für Schule, Kultur, Sport und Städtepartnerschaft haben wir einstimmig beschlossen, die Wagenfeldstraße nicht mehr Karl Wagenfeld zu widmen, sondern ab jetzt dem Produktdesigner Wilhelm Wagenfeld. Karl Wagenfeld war Begründer der Rassenideologie und auch die Gründung des
westfälischen Heimatbundes beruhte für ihn auf völkischem Hintergrund. Die Benennung von Straßen nach Personen soll diese ehren. Für diese Ehrung sehen wir bei Karl Wagenfeld keinen Grund und auch die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit unserer Geschichte anhand eines Zusatzes sehen wir nicht. Wilhelm Wagenfeld hat sich geweigert, für die Nationalsozialisten im dritten Reich zu arbeiten und u.a. Produkte designt, die wir auch in Herzebrock-Clarholzer Haushalten vorfinden. Im nächsten Ausschuss
müssen wir entscheiden, welche Möglichkeiten wir anhand der Umwidmung nutzen, um uns mit dieser Thematik auseinander zu setzen.
Außerdem müssen wir noch andere Straßen, die nach Personen benannt sind, überprüfen und bei Bedarf Konsequenzen ziehen. Dabei müssen wir die Anwohner früh genug mit auf den Weg nehmen.

Im Jahr 2023 haben wir beschlossen, eine Stelle für Casemanagement zu schaffen. Anfang diesen Jahres haben wir diese trotz Fachkräftemangels besetzen können. Die Casemanagerin hat Migrationshintergrund, kennt die Situation der Menschen mit Fluchterfahrung und weiß, wie zu Handeln ist und wovon sie spricht. Wir wünschen ihr Unterstützung und Freude bei der Bewältigung ihres Aufgabengebietes.

Jetzt kommen wir noch zu einem Thema, dass unseren Haushalt nicht direkt betrifft – aber unsere Gemeinde. Herzebrock-Clarholz ist eine ländliche Gemeinde. Die Proteste der Landwirtschaft sind auch hier Thema. Die Streichung der Subventionierung von Agrardiesel „hat das Fass zum Überlaufen gebracht“. Dann müssen wir genauer hinsehen, was sich schon im Fass befindet: u.a. die fehlende
Anerkennung der Arbeit der Bauern. Die Landwirtschaft versorgt die Menschen mit Nahrung, doch die landwirtschaftlichen Produkte kommen zu Schleuderpreisen auf den Markt. Das Idyll, von z.B. Bauer
sucht Frau oder die Landlust, ist paradox zur Realität. Heute klatschen wir den Landwirten Beifall und morgen kaufen wir wieder die billige Butter und Milch.

Wir leben in einer Demokratie und Jede und Jeder kann die eigene Meinung frei äußern und kundtun. Schlimm ist es, wenn Rechte Demonstrationen und Kundgebungen unterwandern und diese für
ihre Zwecke missbrauchen. Waren die Mitläufer der Rechtsextremen in den Achtzigern noch gut durch Glatzen, Springerstiefeln und einem scheinbar geringen IQ zu erkennen, finden wir sie heute in allen
Bevölkerungsschichten – es gibt sogar Geschichtslehrer unter ihnen, die unsere Kinder bilden und prägen.
In unserer Haushaltsrede zu Beginn des Jahrzehnts haben wir auf die Gefahr der braunen Ideologie aufmerksam gemacht, leider mussten wir jetzt feststellen, dass es dieses braune Gedankengut auch bei uns in Herzebrock-Clarholz gibt. Passend zu Weihnachten haben wir den Status eines Herzebrock-Clarholzers gesehen, der in Reichspropagandaschrift lautet „Zwei Dinge sollten immer weiss sein:
Weihnachten und Deutschland“, dazu im Vordergrund ein blauäugiges, blondgelocktes Mädchen. Rassismus hat und darf bei uns keinen Platz haben.

Ich bin froh und glücklich darüber in einem demokratischen Land mit freier Meinungsäußerung zu leben, in einem Land das bunt ist! Das lasse ich mir auch nicht durch diese Menschen und AfDler, die auch noch öffentlich bekannt geben, dass sie den Vielparteienstaat bei Machtergreifung abschaffen wollen, kaputt machen. Doch nach dem geheimen Treffen von Parteimitgliedern der AfD und Rechtsextremen, von Nazis, die über den Plan der Vertreibung von Menschen diskutierten, gehen Millionen Menschen auf die Straße, um zu zeigen, wir wollen keinen Rassismus. Auch in unseren Nachbarstädten Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück und Harsewinkel hat dieses die Bürger vereint und sie haben gezeigt, dass die AfD nicht für die Mehrheit spricht.

Als Bürgerin und Bürger von Herzebrock-Clarholz sollten auch wir uns vereinen und zeigen, dass wir in der Mehrheit gegen Rassismus und braunes Gedankengut sind. Zeigen wir klar, dass wir für die
Demokratie, Meinungsfreiheit und Menschlichkeit sind.

Liebe Anwesenden, vielen Dank, dass Sie / ihr zugehört habt. Der Verwaltung und Ihnen Herr Bürgermeister Diethelm danken wir für die Zusammenarbeit. Unser besonderer Dank gilt Ihnen, Herr Wette. Danke für Ihre Zeit.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Petra Lakebrink – Rudolf Herden

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