Haushaltsrede 2025 19. Februar 202519. Februar 2025 Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Ratskolleginnen und -kollegen, Haushalt 2024! Wir sehen, dass die mittel- und langfristigen Aussichten für unseren Haushalt sehr besorgniserregend sind. Anderen Kommunen geht es ähnlich. Da hilft es auch nicht, immer wieder auf Land und Bund zu schimpfen. Die haben es schwer genug. Wir müssen auch selbst Lösungen finden. In welche Richtung es mittel- und langfristig gehen soll, beschreibt man am besten in strategischen Zielen und daraus abgeleiteten Produktzielen. Wie schon in den letzten Jahren stellen wir fest, dass die im Haushaltsplan genannten strategischen Ziele dringend aktualisiert werden müssen. Das führte aus meiner Sicht auch zu vielen orientierungslosen Abläufen und Diskussionen im letzten Jahr. Dieser Rat war bisher nicht bereit, sich mit den wichtigen langfristigen Themen zu beschäftigen. Das empfehlen wir aber dringend dem neuen Rat, der im Herbst gewählt wird. Im Haupt- und Finanzausschuss haben wir nach Anträgen von CDU und FDP eine Prozessanalyse und eine Kapazitätsanalyse für die Fachbereiche 1 und 3 beschlossen. Das begrüßen wir sehr. Unser Antrag für eine deutlich transparentere Planung und Darstellung der Planverfahren haben wir dann im Planungsausschuss zurückgezogen. Wir glauben, durch die beschlossenen Analysen auch eine gute Grundlage für zukünftige Planungen zu bekommen. Planverfahren wie zur Straße Wachfuß / Weißes Venn dürfen in Zukunft nicht so viele Jahre beanspruchen, um dann irgendwann abgebrochen zu werden. Auch die Formulierung belastbarer Ziele sollte mit den Ergebnissen der Analysen besser gelingen. Die von uns geforderte bessere Nutzung der Beschlusskontrolle im Ratsinformationssystem macht Fortschritte. Das ist keine zusätzliche Bürokratie sondern sorgt für an vielen Stellen für Transparenz und Entlastung. Sie ist in einigen Bereichen noch zu verbessern. In den letzten Jahren wurden 30 neue Stellen im Rathaus geschaffen. Dafür gibt es viele gute Gründe. Ein weiterer Aufbau muss aber kritisch hinterfragt werden. Wir beklagen alle eine zu hohe Bürokratie und sollten herausfinden, was wir selbst dabei besser machen könnten. Ich kenne nicht alle Prozesse im Rathaus. Mehrfach erwähnt habe ich das Erstellen von Protokollen aus Ausschuss – und Ratssitzungen. Heute beauftragen wir die Protokollführung an fähige, vertrauenswürdige Personen aus der Verwaltung. Beschlüsse werden zusätzlich in einem gesonderten Formular vom Ausschussvorsitz handschriftlich festgehalten. Der Protokollentwurf wird nach Erstellung von Fachbereichsleitung, Ausschussvorsitz und Bürgermeister, … gegengelesen und bei Bedarf angepasst. Bis das Protokoll veröffentlicht wird, dauert es bis zu zwei Monate. Auch kommt es vor, dass es bis zur nächsten Ratssitzung noch nicht fertig ist. Wir helfen uns bei den Grünen, indem wir nach den Sitzungen häufig eigene Kurzprotokolle für die Fraktion schreiben. Das führt alles zu sehr viel Aufwand und Fehlermöglichkeiten an vielen Stellen. Ich weiß nicht, warum ein Protokoll nicht spätestens am Tag nach der Sitzung verteilt werden kann. Das würde dazu führen, dass die wichtigen Informationen sofort richtig an Verwaltung, Fraktionen und Presse gegeben werden. Missverständnisse könnten vermieden werden, folgende Ausschüsse und Ratssitzungen könnten besser vorbereitet werden.Auf Dauer werden die Investitionen in Digitalisierung und die Nutzung Künstlicher Intelligenz dafür sorgen, dass auch viele andere Aufgaben schneller und einfacher zu erledigen sind. Die Grundsteuerreform und leichte Erhöhung der Grundsteuer sowie der Gewerbsteuer wurden umgesetzt. Wir haben uns für eine sofortige Differenzierung der Grundsteuer eingesetzt. Das wäre in vielen Fällen deutlich gerechter gewesen. Wir hoffen jetzt, dass das im nächsten Jahr mit Unterstützung aller Fraktionen möglich wird. Jetzt komme ich zu meinen Lieblingseinsparvorschlägen. Wir haben zu dem Thema im vergangenen Jahr einen Paradigmenwechsel in unserer Gemeinde erreicht. Die Planung und der Bau der B64n soll nach unserem schon über 30 Jahre dauernden Engagement endlich nicht weiterverfolgt werden. Da haben wir viel erreicht. Warum darüber geheim angestimmt werden musste und warum 12 Ratsmitglieder weiterhin dieses Projekt wollen, verstehen wir nicht. Warum bringe ich das Thema jetzt in die Haushaltsberatungen? Es ist vielfach kommuniziert worden, welche Kosten durch diese Straße auf uns zukommen und jetzt schon an vielen Stellen anfallen. Für die teuren zusätzlichen Schallschutzmaßnahmen sparen wir schon seit einigen Jahren. Zu erwarten sind Unterhaltskosten für das große zusätzliche Ausweichwegenetz und Straßenteile, die möglicherweise an die Kommune übergeben werden. Drohende Steuerausfälle wegen der möglichen Schließung von Tankstellen, Gaststätten und Geschäften an der alten Strecke sind zu erwarten. Das alles müsste langfristig in die Haushaltspläne aufgenommen werden.Wir jammern über viele Aufgaben, die viel Geld verschlingen und uns von Land und Bund aufgegeben werden. Gleichzeitig fordern wir bisher diesen extrem teuren überdimensionierten Bau der Fernschnellstraße. Wie schön, dass das jetzt Geschichte ist! Wir fordern das nicht mehr.Trotzdem: Die Planfeststellung läuft, großer Aufwand bei den Planungsbehörden und allen Beteiligten summiert sich. Das Thema ist noch lange nicht erledigt! Wir werden nicht nachlassen, alle erdenklichen Maßnahmen zu fordern, die diese Verschwendung verhindern. Was in Berlin dazu wirklich passiert, wissen wir nicht. Nach den Ereignissen der letzten Wochen ist dort mit dem Schlimmsten zu rechnen. Unser Bürgermeister und einige aus den anderen Fraktionen haben sich bis zum Dezember intensiv für die Planung der B64n eingesetzt. Mit dem großen Druck auf Landes- und Bundespolitiker haben sie dafür gesorgt, dass das unselige Planfeststellungsverfahren für Herzebrock-Clarholz gestartet wurde. Die teure Bürgerbefragung, die wir nicht gebraucht hätten, hat manchem geholfen, umzudenken. Jetzt gibt es einen deutlichen Ratsbeschluss gegen diese Planung. Die kommunale Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren wurde gut und schnell erstellt und eingereicht. Wir erwarten jetzt vom Bürgermeister und allen, dass mit mindestens dem gleichen Engagement wie vor dem Ratsbeschluss alle möglichen Kontakte und Wege genutzt werden, diese Planung auch aus finanziellen Gründen zu stoppen. In allen Bereichen sollen wir überprüfen, ob Sparmaßnahmen möglich sind, so auch in den nun genannten: Die FDP hat u.a. prozentuale Kürzungen bei der Feuerwehr beantragt; bei der Bewirtung und Versammlungen. Wir haben keine Berufsfeuerwehr. Die Feuerwehrfrauen und –männer setzen sich ehrenamtlich für die Bürgerinnen und Bürger in Herzebrock-Clarholz ein. Sie sind unter hohem Risiko bei Feuer, Unfällen, bei Naturkatastrophen wie z.B. Hochwasser und Sturm für uns im Einsatz und dieses zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wir haben eine große Hochachtung vor diesem Ehrenamt und sagen „NEIN“ zu diesen Sparmaßnahmen. Für die Verkehrssicherheit im Ort sind wir Politiker durch unsere Entscheidungen mit verantwortlich. Wichtig ist es, alle Verkehrsteilnehmer – Fußgänger, Fahrradfahrer, Autofahrer u.a. – gleichberechtigt zu sehen und dementsprechend die Ortskerne zu gestalten. Wir plädieren für Fahrradstraßen und –zonen, Raum für Fußgänger, Sicherheit für Kinder besonders vor Schulen, bis zu 30 km/h innerorts und auch die Parkplätze müssen so angelegt werden, dass ein sicheres Ein- und Ausparken möglich ist. Die Ortsgestaltung muss Sicherheit bieten und einen Aufenthaltscharakter für die Menschen haben. Nur durch den Ausbau des ÖPNVs ist eine gewünschte Verkehrswende möglich. Danken möchten wir an dieser Stelle dem Herrn Bürgermeister Diethelm und der Verwaltung, die sich für den Schienenersatzverkehr eingesetzt haben. Der RB 67 fährt regelmäßig vom Bahnhof Herzebrock über GT nach Bielefeld-Brackwede. Hoffentlich fährt bald wieder ein Zug bis Bielefeld. Unsere Schulen vor Ort sind gut in Schuss. Eine Aufgabe, die nun auf uns als Gemeinde zukommt, ist aufgrund des Rechtsanspruchs die räumliche Ausgestaltung des Offenen Ganztags. In Absprache mit den Grundschulen wurde das Raumkonzept abgesprochen, so dass auch diejenigen bei der Planung dabei sind, die vor Ort mit den Kindern die Bildung gestalten. Auch unsere Sportstätten sind gut ausgestattet und dieses auch mit dem Ehrenamt der Sportlerinnen und Sportler. Das Waldstadion wird mit dem Verkaufsstand und dem Carport aufgewertet. Die Möglichkeit, die Sportstätten auch außerhalb der Trainingszeiten und in den Ferien zu nutzen, muss als Angebot erhalten bleiben. So können diese von allen Generationen genutzt werden und sind gut ausgelastet. Museen und kulturelle Veranstaltungen tragen zur Bildung in der Gesellschaft bei. Schade ist es, dass die Frage, wie wir mit dem Pastorat aufgrund der finanziellen Situation der Gemeinde weiterer verfahren, nicht im Kulturausschuss diskutiert wurde. Ist der Antrag der UWG dazu doch eine entscheidende kulturelle Sparmaßnahme. Warum sollten wir als Gemeinde dieses historische Gebäude erwerben, um es dann ungenutzt stehen zu lassen. So lauten doch unsere Strategischen Ziele zwei und drei: 2 – Förderung und Unterstützung von Jugend-, Familien- und Seniorenarbeit.3 – Sicherung eines ortsnahen, qualitativ Bildungs- und bedarfsorientierten Kultur- und Freizeitangebotes. Im Bildungs- und Sozialbereich zu sparen, führt kurzfristig vielleicht zu finanziellen Einsparungen – fällt uns dann aber in höherem Maße wieder vor die Füße. Alle Generationen, aber besonders unsere Kinder und Jugendlichen, brauchen aufgrund der Krisen wie die Corona-Pandemie, Krieg in Europa und im Nahen Osten, Wirtschaftskrise, Klimawandel, … Unterstützung und Begleitung. Sie brauchen Raum und Zeit. Den Raum können wir hier als Gemeinde vor Ort schaffen. Inmitten der Vielfalt alltäglicher Herausforderungen brauchen die Menschen ein familiäres Netz, das trägt. Notwendig ist auch auf kommunaler Ebene eine Politik, die partnerschaftliche Verantwortung füreinander, für Kinder und alle Generationen, stärkt. Betrachten wir unsere Aufenthalts- und Spielräume genauer. Auf einem Spielplatz treffen sich Kinder unterschiedlichen Alters, Eltern, Großeltern und auch Jugendliche aus allen Schichten und Kulturen unserer Gemeinde, unserer Gesellschaft. Arbeiten wir gemeinsam an einem Konzept für diese Spielräume, steigern die Qualität und nutzen das Potential voneinander zu erfahren und zu lernen und des miteinander Handelns. Unser 4. Ziel, der verantwortliche Umgang mit natürlichen Ressourcen, ist das oberste Ziel für unseren Klima- und Umweltausschuss. Wir stellen jedoch fest, dass viele Themen, die aufgrund der Klima- Relevanz in diesem Ausschuss diskutiert werden müssen, nicht aufgenommen wurden wegen einer Mehrfachbehandlung. Beschlossen wurde jedoch zur Installierung dieses Ausschusses, dass alle Themen das Klima und die Umwelt betreffend, zuerst im KUA behandelt werden, um dann mit Empfehlung in dem dann entsprechenden Fachausschuss auf die Tagesordnung kommen. Schade, hat bislang nicht geklappt, so dass der KuA für uns nur ein „Alibi-Ausschuss“ ist. Arbeiten wir gemeinsam daran, dass die Themen Klima und Umwelt einen hohen Stellenwert bekommen. Denn ungebremster Klimawandel gefährdet die Existenzgrundlagen der Erde. Es braucht eine entschlossene Klimapolitik, die auch auf kommunaler Ebene Verantwortung übernimmt. Im letzten Jahr haben wir gemeinsam den „Tag der Demokratie“ gefeiert. Eine wichtige Aussage dieser Aktion war es – und ist immer noch gültig: „Die Demokratie ist die Grundlage für Freiheit und Menschlichkeit. – Diese Freiheit beinhaltet eine hohe Verantwortung!“ Im Rat unserer Gemeinde sind bislang demokratische Parteien vertreten. Das soll auch so bleiben. Zeigen wir als Demokraten und Politiker unser demokratisches Verständnis und unterzeichnen die Trierer Erklärung, die an ihrer Aktualität leider nichts verloren hat. Zeigen wir den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber sichtbar Verantwortung. Vor einigen Jahren haben wir über die Farben der Politik im Haushalt gesprochen. Dieses ist aktueller denn je, denn vermischen sich die Farben, entsteht ein unansehnliches „Braun“. Die schon bereits erwähnten Krisen, die rasante digitale Revolution und Globalisierung stellen unsere Gesellschaft vor eine Zerreißprobe. Nicht wenige haben Angst vor der Zukunft und davor, dass die Gesellschaft auseinanderdriftet. Wir brauchen Besonnenheit, Zuversicht und vor allem Zusammenhalt. Demokratie, Menschenwürde und Freiheit sind nicht selbstverständlich. Setzen wir ein deutliches Zeichen für unsere errungene und gelebte Demokratie. Zum Schluss gilt unser Dank den Politikern, mit denen wir uns konstruktiv auseinandergesetzt haben, der Verwaltung mit Herrn Diethelm als Bürgermeister für die gute Zusammenarbeit und besonders Herrn Wette, der sich wieder einmal bereit erklärt hat und in unseren Haushaltsberatungen Fragen beantwortet hat. Wir stimmen dem Haushalt zu! Danke fürs Zuhören! Rudolf Herden und Petra Lakebrink für Bündnis 90 / die Grünen